Die große Spannweite der künstlerischen Ideen war beeindruckend; jeder Entwurf konnte auf seine Weise überzeugen und fand Fürsprecher. Der hohe künstlerische Wert der Arbeiten, darüber bestand Einigkeit, würde nicht dadurch geschmälert, dass für die Entscheidung über die Realisierung eines der Entwürfe auch dem Kriterium der praktischen Gebrauchstauglichkeit Raum gegeben werden muss.
Der mutige Entwurf von Sabrina Ackermann spricht eine ästhetisch konsequente Sprache: Die schlank aufragenden zylindrischen Gefäße ergeben durch ihre Kombinierbarkeit, das zum Kirchenraum und insbesondere dem Altar stimmig gewählte Material (sie sollen aus dem gleichen Steinmaterial gefertigt werden) und die klaren Formen, die bis zum Kelchlöffel durchgehalten sind, ein in sich schlüssiges und formal überzeugendes Konzept. Die einzelnen Gegenstände sollen eine starke Präsenz auf dem Altar als dem „Ort des Geschehens“ haben. Die Künstlerin betont dabei die beiden Zustände ihrer sich ineinander fügenden Objekte, den Ruhezustand und den Zustand der Verwendung; in dem notwendigen Moment der Wandlung von dem Ruhezustand in den Zustand der Verwendung wird Teilung und zugleich Einladung zur Teilhabe sichtbar. Damit stellt sie die liturgische Handlung selbst in den Mittelpunkt der Arbeit. Dass die Handhabung der unterschiedlichen Formate und Gewichte bewusste Achtsamkeit erfordert, versteht Sabrina Ackermann als wichtigen Bestandteil ihrer künstlerischen Aussage. Der Entwurf weist auf „das ganz Andere“ hin und weist hohe künstlerische Qualität durch Ortsbezug, Innovation und Dialogfähigkeit auf.
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Die facettierten, gegossenen Gefäße des Entwurfs von Rosanna von Angerer erinnern an regelmäßige Formen aus der Natur, wie sie bei Mineralien, Insektenaugen oder Korallen zu finden sind. Bei allen Gefäßen entfaltet sich aus einem sechseckigen Grundriss ein im oberen Rand zwölfeckiger Körper, Sinnbild der zwölf Apostel. Während die innere Oberfläche, die den Wein birgt, glatt ist, unterstreicht die gleichsam bescheiden anmutende äußere Oberfläche ästhetisch das natürlich Gewachsene, das Unregelmäßige im Regelmäßigen, das Individuelle und Unvollkommene im Menschen. Die fußlose Schalenform des Kelches und der Patene fordert ein achtsames Weitergeben von Hostien und Wein und lässt dabei durch die Berührung der handgeschnittenen Facetten beides – Achtsamkeit und Unvollkommenheit - begreifbar werden. Karaffe und Pyxis wie auch das Sieblöffelchen spiegeln diese Formen und Flächenstrukturen wieder und vermitteln ein in sich geschlossenes Geschehen. Eine eigenartige Spannung entsteht zwischen der feinen Formgebung und der eher groben Behandlung der Oberflächenstruktur. Für Rosanna von Angerer sind die einzelnen Facetten mit ihren unterschiedlichen Ecken und Kanten und deren Zusammenkommen in einem Guss zugleich Sinnbild der vereinten Vielfalt in einer Gemeinde.
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Traditionsbewusst in Material und Formgebung zeigt sich der Entwurf von Angelika Kern. Die Gegenstände sind klar gestaltet aus klassischem Silbermaterial (hier am Beispiel der Kanne zu erkennen) und in bewusst zurückhaltender, ruhiger optischer Anmutung. Der handwerkliche Prozess des Treibens bleibt sichtbar durch die leicht gehämmerte, weich glänzende Oberfläche. Dabei hat sich die Künstlerin intensiv mit der architektonischen Umgebung in der Kirche und mit der Gemeinde befasst und gibt dem mit ästhetisch verbindenden Elementen explizit Raum: so durch die (zunächst) hölzernen Kugelformen für Nodus und Griffe, die im Rahmen des Gestaltungsprozesses durch Bergkristall ersetzt wurden. Die Cuppa wurde aus der Proportion der Apsis entwickelt, der dreistufige Fuß unter den Kelchen nimmt auf die Altarstufen Bezug. Der Entwurf eröffnet u.a. damit Möglichkeiten für die Einbeziehung von Materialspenden aus der Gemeinde. Durch Ortsbezug und Gemeindeeinbindung entsteht ein integratives Konzept. Angelika Kern betont bewusst die Gleichwertigkeit von Form und Funktion; sie sieht dabei den Gestaltungsprozess in dem Rahmen ihres Entwurfes als Vorgang mit Raum für Kommunikation.
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Aus dem Entwurfsensemble von Markus Pollinger fällt im ersten Moment der Betrachtung besonders die formale Betonung des Kelchfußes im Verhältnis zur Cuppa auf, die auch in diesem Entwurf der Formgebung der Apsis entlehnt ist: der breit auslaufende Fuß symbolisiert einen festen Standpunkt; dahinter tritt die gradlinig reduzierte Formgebung der weiteren sakralen Gerätschaften zunächst zurück. Diese Gegenstände weisen eine durch parallele Strukturen und den Verzicht auf Henkel oder Nodi formstrenge, klare und sehr ruhige Gestaltung auf. Die beim Abendmahl in Händen zu haltenden Gegenstände sind zurückgenommen in der äußeren Form und lenken durch die Vergoldung innen die Aufmerksamkeit auf den Inhalt, den sie bergen. Die Oberflächen bearbeitet Markus Pollinger in Handarbeit und erzeugt durch Stichelbearbeitung feinste parallele Strukturen, die er bewusst einsetzt, um eine Brücke zu schlagen zwischen Tradition und Moderne. Ergänzt wird das Ensemble durch den grazilen Sieblöffel, der die Form einer Hostie aufnimmt.
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